Bekannt ist, dass in sog. „Filesharing“ – Fällen die
angeblichen Rechteinhaber und ihre Anwälte darauf berufen, dass die sog.
IP-Nummer zweifelsfrei festgestellt und dem jeweiligen Anschlussinhaber zu
geordnet werden könne.
Mit der angeblich exakt festgestellten IP-Nummer zwingen die
angeblichen Rechteinhaber gerichtlich die Provider die Klarnamen und Adressen
der „Rechteverletzer“ heraus zu geben.
Dass also die IP-Nummern-Ermittlung richtig ist, beten die
Anwälte in den verschiedensten Filesharing-Prozessen gebetsmühlenartig herunter
und folgen dem die Gerichte teilweise willenlos.
Diese Praxis hat jetzt möglicherweise ein Ende. Auf mein substantiiertes
Bestreiten hin, legte die Gegenseite ein „Gutachten“ vor, dass die Richtigkeit
ihrer Behauptung untermauern sollte.
Leider ging der Schuss mächtig nach hinten los . Das Gericht
in Düsseldorf stellte nach Prüfung dieses Gutachtens ( in Englisch und in Deutsch)
fest :
Es kann dahinstehen, ob weitere Mitnutzer als mögliche
Nutzer des Filesharing in Betracht kommen und ob Verjährung eingetreten ist,
denn ein Anspruch der Klägerseite aus §§ 97, 97a UrhG scheitert bereits daran,
dass nicht mit der nötigen Sicherheit feststeht, dass die am 14.03.2010 um
03:33 Uhr einzig festgestellte IP-Adresse 87.XXX.XXX.XX. dem Internetanschluss
des Beklagten zugeordnet war. Ist wie hier nur eine einzige IP-Adresse
ermittelt, so trägt die Klägerin die volle Darlegungs- und Beweislast der Zuverlässigkeit
des Verfahrens der Ermittlung und Zuordnung der IP-Adresse als ihre günstige
Tatsache. Diesen Beweis konnte die Klägerin nicht führen, im Gegenteil steht
auf Grund der von ihr selbst als Teil ihres Parteivortrags überreichten
Übersetzung des Privatgutachtens Dr. Clemens Charles Vogeler vom 04.05.2010
fest, dass das hier zur Anwendung gekommene Verfahren nicht hinreichend
zuverlässig ist, um bei lediglich einer IP-Adresse zuverlässig auf die Person
des Anschlussinhabers schließen zu können. Aus der Zusammenfassung, Punkt 1.11
des Gutachtens sowie Punkt 4.4.6.3, Blatt 13 des Gutachtens sowie der
Auflistung, Seite 41 des Gutachtens, geht hervor, dass bei dem verwendeten
Verfahren Ungenauigkeiten bei der Zeiterfassung von bis zu 2 Sekunden möglich sind.
Da IP-Adressen den jeweiligen Anschlussinhabern nicht dauerhaft zugeordnet
sind, sondern regelmäßige Wechsel stattfinden, besteht daher bei einer
Zeitdifferenz von bis zu 2 Sekunden die nicht nur theoretische Möglichkeit,
dass ein zwischenzeitlich stattgefundener Wechsel der Zuordnung der IP-Adresse
zu einem bestimmten Nutzer noch nicht erfasst worden ist und es hierdurch zu
einer Fehlzuordnung kommt, mithin also im tatsächlichen um bis zu 2 Sekunden
abweichenden Zeitpunkt der Erfassung der IP-Adresse des Filesharers diese einer
anderen Person als dem Beklagten zugordnet war. Bereits aus diesem Grund ist
der Anspruch sowohl auf Schadenersatz als auch auf Erstattung der Abmahnkosten
gegen den Beklagten abzuweisen.
Dem ist nichts mehr hinzu zu fügen.
"Ach du liebe Zeit" ist ein oft und zu vielen Anlässen benutzter Ausspruch, meistens wenn etwas schief oder daneben gegangen ist.
AntwortenLöschenKindern vergeht die Zeit oft zu langsam, den Alten rennt sie förmlich davon.
Und manchmal kommt es (natürlich neben dem Geschick des verteidigenden Anwalts) eben genau auf 2 winzige Sekunden an, die einer Klägerin den Wind aus den Segeln nehmen.
Gratulation!