Mittwoch, 27. Januar 2010

Mannheim ist ein heißes Pflaster,

zu mindestens dann, wenn man in dieser Stadt eine Firma betreibt, die gegen ein "geringes" Entgelt die Möglichkeit eröffnet, ansonsten kostenfreie Software aus dem Internet herunter zu laden.

Vielen Nutzern dieses großzügigen Angebots blieb nämlich (angeblich) verborgen, dass es kostenpflichtig war.

Schnell war die genannte Firma mit dem Versenden von Rechnungen. Schnell war die genannte Firma mit der Versendung von Mahnungen, die viele gutgläubigen Nutzer in Angst und Schrecken versetzt haben.

Nun haben sich einige Nutzer nicht darauf beschränkt, die wohl ungerechtfertigte Forderungen nicht zu bezahlen, sondern sind selbst aktiv geworden.

Zur Abwehr der ungerechtfertigten Forderung beauftragten sie einen Rechtsanwalt, der "Geld" gekostet hat. Diese fürstliche Entlohnung des Rechtsanwalts (etwa 50,00 EUR) wollten die gutgläubigen Nutzer von dem Anbieter des großzügigen Angebots im Internet natürlich wieder haben. Und tatsächlich hat jetzt das Landgericht in Mannheim entschieden, dass die Forderung der gutgläubigen Nutzer wohl berechtigt sei. Es sei nämlich -so das Landgericht- zwischen dem Anbieter und Nutzer überhaupt kein Vertrag zu Stande gekommen, da ein Einigungsmangel im Sinne des BGB vorgelegen habe. In dem Urteil ist keine Rede von Betrug, Täuschung oder Abzocker des gutgläubigen Nutzers.

Das Amtsgericht Mannheim war diesbezüglich noch völlig anderer Meinung.

Das Landgericht Mannheim führte weiter aus, dass sich derjenige schadensersatzpflichtig macht, der zu mindestens fahrlässig eine nicht bestehende Forderung geltend macht. Fahrlässigkeit könne aber nicht schon dann angenommen werden, wenn der Gläubiger nicht erkennt, dass seine Forderung in der Sache nicht berechtigt ist.
Nun wird es aber spannend:

Ab wann muss ein Gläubiger erkennen, dass seine Forderung nicht berechtigt ist?

Im vorliegenden Fall hat das Landgericht diese Fahrlässigkeit bejaht, weil eine Vielzahl von Beschwerden vorgelegen hätten. Ich meine, mit dieser Argumentation begibt sich das Landgericht Mannheim auf Glatteis. Nur weil eine "Vielzahl" von Beschwerden vorgelegen hätten, handelt der Gläubiger nicht automatisch fahrlässig. Viele Verbraucher haben es sich doch geradezu zum Hobby gemacht, jedwede Rechnung anzuzweifeln und sich zu beschweren.

Gibt es also (noch) keine Beschwerden, so scheidet der Schadenersatzanspruch aus ?

Weiterhin hat das Landgericht Mannheim argumentiert:
Die großzügige Firma habe ihre Forderung sofort fallen lassen, als der gutgläubige Nutzer mithilfe eines Anwalts die Forderung bestritt und sich zur Wehr setzte. Auch dies zeige, dass die großzügige Firma wohl selbst von der Richtigkeit ihrer Forderung nicht überzeugt gewesen ist.Können es nicht wirtschaftliche Überlegungen gewesen sein ?

Kommt jetzt die große Klagewelle gegen die großzügige Firma ?
Nur wenn sich Anwälte finden, die für 89,25 Euro Honorar bereit sind, eine Klageschrift zu fertigen und ggf. nach Mannheim zu reisen. Ein geringes Risiko.

9 Kommentare:

  1. Dumm nur, das diese großzügige und völlig selbstlose (im Grunde wohl gemeinnützige)Firma, vertreten durch einen einschlägig bekannten Rechtsanwalt aus München, selber eingeräumt hat, ihr Anspruch sei unberechtigt.
    "Viele Verbraucher haben es sich doch geradezu zum Hobby gemacht, jedwede Rechnung anzuzweifeln und sich zu beschweren."
    Es gibt ein paar "Rechtsanwälte" die haben es sich zur einträglichen Einkommensquelle gemacht, betrügerische Ansprüche einzufordern und sind auch noch beleidigt wenn sie vor Gericht abgebürstet werden.

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  2. Lieber Hans-Joerg
    laut Urteil hat die selbstlose Firma im Vorfeld gesagt, sie würde den Anspruch nicht weiter verfolgen. Das hat ja nun nichts mit "unberechtigt" zu tun.

    Kein Anwalt ist beleidigt, wenn er einen Prozeß verliert. Dann wären bei einem Zivilverfahren immer 50 % der Anwälte "beleidigt" :-)

    Und es ist eine Tatsache, dass das Landgericht die geltend Ansprüche der selbstlosen Firma eben nicht als "betrügerisch" abqualifiziert hat. Deshalb ist dieses Urteil eben nicht "bahnbrechend".

    Ob das Urteil eine Klagewelle auslöst ??? Ich glaube es nicht.

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  3. Lieber Andreas Neuber, oder soll ich dich Jupiter nennen?
    Laut Heise Online hat diese selbstlose Firma ausgeführt: Nach Ansicht der Betreiber von opendownload gehört es "zum allgemeinen Lebensrisiko, mit einem unberechtigten Anspruch konfrontiert zu werden".
    Zum allgemeinen Lebensrisiko derer, die gewerbsmässig unberechtigte Ansprüche durchsetzen wollen gehört es, von einem Zivilgericht kostenpflichtig abgebürstet zu werden und vulgo als Betrüger bezeichnet zu werden.
    Ob das Urteil des LG Mannheim Az. 10 S 53/09 bahnbrechen ist, wird die Zukunft zeigen. Es macht das Leben für gewisse Paragraphenparasiten jedenfalls nicht einfacher.

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  4. Für Internetnutzer, die sich ungewollt plötzlich in der Abofalle wiederfanden und nicht ohne Bangen durch "Aussitzen" das Problem für sich lösen wollen, hat die Entscheidung, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten überhaupt kein Vertrag geschlossen worden ist, sicher eine beruhigende Wirkung.

    Mit dem Hinweis, dass es sich bei vergleichbaren Geschäften, die zwar in einer rechtlichen Grauzone angesiedelt sind, nicht um "Betrug" handelt, allenfalls um unseriöse Modelle, die man auch moralisch als verwerflich ansehen kann, hatte bereits in der Vergangenheit ein anderes Gericht einen strafrechtlichen Antrag zurückgewiesen.

    Der Otto-Normal-Verbraucher, der sich in den Feinheiten der Rechtsprechung nicht auskennt, in eine derartige Abofalle getappt ist und nachfolgend mit entsprechendem Nachdruck zur Zahlung mahnend aufgefordert wird, fühlt sich ungeachtet der rechtlichen Unzulässigkeit seines Gefühlslebens nach wie vor betrogen.

    Dieses Urteil ist sicher nicht "bahnbrechend", aber es zeigt geneppten Internutzern, dass man sich durchaus gegen ungerechtfertigte Forderungen zivilrechtlich erfolgreich wehren kann. Eine Klagewelle wird es mit Sicherheit nicht auslösen.

    Das Landgericht hat die Fahrlässigkeit bejaht und damit die Schadensersatzpflicht des Gläubigers festgestellt, was m.E. doch sehr positiv zu werten ist.
    Dass die Firma ihre Forderung sofort fallen ließ, als sich der Nutzer mithilfe eines Anwalts zur Wehr setzte, zeigt nicht nur, dass sie selbst nicht von der Richtigkeit ihrer Forderung überzeugt gewesen ist, es war mit Sicherheit Ergebnis einer wirtschaftlichen Überlegung.

    Nichts wäre doch für derartige Firmen wirtschaftlich schädlicher, als wenn sie vor Gericht ihre Geschäftsmodelle erläutern müssten, um sich dann vielleicht von einem Richter doch noch bescheinigen zu lassen, dass die einträglichen Geschäfte unter Umständen auch strafrechtlich zu beanstanden wären. ;-)

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  5. Wie wären denn rechtlich die Fälle zu bewerten, wenn ein gutgläubiger Nutzer die Forderung des Anbieters für das erste Jahr für einen eigentlich nicht existierenden Vertrag beglichen hat und sich jetzt weigert, auch noch für das zweite Jahr die geforderte Zahlung vorzunehmen.
    Hat er durch die Zahlung der ersten Rate diesen formell juristisch nicht existierenden Vertrag dann doch rechtswirksam abgeschlossen?

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  6. Wie war das mit der Prozesskostenhilfe in einem höheren Rechtszug?

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  7. "Wie war das mit der Prozesskostenhilfe in einem höheren Rechtszug?"

    "Nächster (Teil-) Sieg: LG Kassel 8 O 2648/06 "

    Der GröJuraz feiert schon wieder einen "Sieg" !

    Das unechte Versäumnisurteil in diesem Verfahren, das er ja im übrigen auch als SEINEN Sieg feierte, bewirkte doch nur, dass jetzt doch vor einem Landgericht verhandelt werden muß! -Oder?

    Dass in einem höheren Rechtszug Prozesskostenhilfe nach §119 ZPO gewährt werden muss,wenn der Prozessgegner das Rechtsmittel eingelegt hat, verschweigt er geflissentlich, denn das würde ja seine, und die Siegesfreude seiner Anhänger, trüben.

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  8. Das Leben birgt viele Risiken und es gehört mit Sicherheit auch
    "zum allgemeinen Lebensrisiko, mit einem unberechtigten Anspruch konfrontiert zu werden".

    An dieser Formulierung kann ich erst einmal nichts Unrechtmäßiges finden, ließen sich doch viele Beispiele aus allen Lebensbereichen dafür anführen.

    Entscheidend ist doch, ob ein unberechtigter Anspruch durch ein Versehen entstanden ist oder ein Geschäftsmodell darauf ausgelegt ist, unberechtigte Ansprüche zu "vergolden" und wie mit einem Widerspruch des sich benachteiligt Fühlenden umgegangen wird.

    Bei Nichteinigung bleibt immer der Rechtsweg in einem Zivilverfahren.
    Und zur zivilisierten menschlichen Kultur gehört auch, dass man sich einem Richterspruch beugt (spätestens dann, wenn ein unwiderrufbares Urteil gefällt wurde).

    Wenn man manche Beiträge und Kommentare auf Blogs der selbsternannten Verbraucherschützer liest, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die zivilisierte Kultur um einzelne einen weiten Bogen gemacht hat.

    Aber es gehört wohl auch zum allgemeinen Lebensrisiko, solchen Exemplaren des Homo sapiens der Neuzeit zu begegnen.

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